ABSTIMMUNGSTHEMA: EHE FÜR ALLE

META-THEMA: FAMILIE

Briefwahl bis 21.09.2021 

 

1 GRUNDSATZFRAGEN

Hinter jeder Abstimmung stecken Meta-Themen und wichtige Grundsatzfragen. Häufig werden diese nicht diskutiert, weil sie zu komplex sind oder ein zu grosses Fass aufmachen. Wir stellen sie trotzdem, weil alle politischen Entscheidungen, die wir treffen, im Grunde unbewusst oder bewusst auf der Beantwortung dieser Grundsatzfragen beruhen.

  1. Wie und zu welchem Zweck ist die Ehe zwischen Mann und Frau entstanden? Sowohl auf kirchlicher, als auch auf ziviler Ebene?

  2. Was ist eine Familie? Welche Modelle gibt es bereits, welche könnte es geben?

  3. Woher kommt Homofeindlichkeit? Welche homofeindlichen Gedanken nimmst du bei dir selbst wahr?

  4. Welche Bedeutung hat die Ehe für dich persönlich? Warum liegt sie einigen am Herzen, warum ist sie einigen egal?

  5. Welche Bedeutung haben Traditionen und kulturelle Normen? Warum halten einige an ihnen fest, andere nicht?

2 ABSTIMMUNGSTEXT 

Um inmitten der Argumentationsschlacht nicht die Orientierung zu verlieren, hilft es den originalen Abstimmungstext zu lesen. We promise: Der ist meist viel weniger schlimm, als man denkt.

Gestützt auf Artikel 160 Absatz 1 der Bundesverfassung und Artikel 107 des Parlamentsgesetzes reichen wir folgende parlamentarische Initiative ein:

Die Bundesverfassung ist wie folgt zu ändern:

Art. 14 Recht auf Ehe, Lebensgemeinschaft (neu) und Familie

Abs. 1

Das Recht auf Ehe, Lebensgemeinschaft (neu) und Familie ist gewährleistet.

Abs. 2

Die gesetzlich geregelten Lebensgemeinschaften stehen Paaren unabhängig von ihrem Geschlecht oder ihrer sexuellen Orientierung offen.

Art. 38 Abs. 1 erster Satz

Der Bund regelt Erwerb und Verlust der Bürgerrechte durch Abstammung, («Heirat» streichen) gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaft (neu) und Adoption. 

In Artikel 14 Absatz 1 wird der Begriff «Ehe» durch den umfassenderen Begriff «Lebensgemeinschaft» ersetzt. Dies ist notwendig, weil andere Lebensgemeinschaften wie die eingetragene Partnerschaft und das Konkubinat den gleichen Grundrechtsschutz verdienen wie die Ehe. Weiterhin nicht unter Artikel 14 Absatz 1 fällt ein blosses Zusammenleben mehrerer Personen etwa in einer Wohngemeinschaft. Die Bestimmung verpflichtet den Gesetzgeber auch nicht, homosexuellen Paaren die Adoption zu ermöglichen. In Artikel 38 Absatz 1 erster Satz wird der Begriff «Heirat» durch den umfassenderen Begriff «(gesetzlich geregelte) Lebensgemeinschaft» ersetzt.

3 GLOSSAR

Viele Missverständnisse, die uns in Gesprächen begegnen, beruhen darauf, dass wir nicht vom selben sprechen – auch wenn wir die selben Worte benutzen. Jeder von uns verbindet spontan andere Dinge mit bestimmten Begriffen, die nicht mit den gängigen Definitionen übereinstimmen müssen. Unser Glossar zeigt dir, welche Wortbedeutungen du mit deinem Gegenüber klären solltest, bevor du dich auf eine Diskussion einlässt.

Alle nachfolgenden Definitionen und Erklärungen sind (teils in gekürzter Form) aus den jeweiligen Quellen zitiert.

DISKRIMINIERUNG

Diskriminierung bezeichnet eine Benachteiligung oder Herabwürdigung von Gruppen oder einzelnen Personen nach Maßgabe bestimmter Wertvorstellungen oder aufgrund unreflektierter, z. T. auch unbewusster Einstellungen, Vorurteile oder emotionaler Assoziationen. Quelle: Wikipedia.org

Diskriminierte Menschen werden aufgrund individueller oder gruppenspezifischer Merkmale systematisch an der Ausübung ihrer Menschenrechte gehindert. Quelle: Amnesty.ch

KINDESWOHL

Beim Kindeswohl handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der gesellschaftlichen Veränderungen unterworfen ist und mit unterschiedlichen Inhalten gefüllt werden kann. Das schweizerische Zivilgesetzbuch gibt keine Definition dazu, was darunter zu verstehen ist.

Allgemein geht es um die Schaffung von günstigen Lebensumständen, damit sich ein Kind psychisch, physisch, gefühlsmässig, geistig, sozial und kulturell gut und gesund entwickeln kann. Dazu gehören elementare Dinge wie dem Kind genug Nahrung zu geben, es wettergerecht anzuziehen, ihm ein Dach über dem Kopf zu bieten, aber es auch vor körperlicher und seelischer Gewalt zu schützen, es liebevoll zu umsorgen, verbindliche Beziehungen und eine sichere Lebensorientierung zu bieten. Quelle: Rechtslexikon beobachter.ch

EHE

Gesetzlich [und kirchlich] anerkannte Lebensgemeinschaft zweier Personen. Quelle: Duden.de

Die Ehe (von althochdeutsch ēwa „Gesetz“), Eheschließung oder Heirat […] ist eine förmliche, gefestigte Verbindung zwischen zwei Personen (in manchen Kulturen auch mehreren), die durch Naturrecht, Gesellschaftsrecht oder Religionslehren begründet und anerkannt ist, meist rituell oder gesetzlich geregelt wird und ihren Ausdruck in Zeremonien findet (Hochzeit, Trauung). Quelle: Wikipedia.org

BEDEUTUNG DER EHE

Die Bedeutung einer Ehe hängt von jeweiligen gesellschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen ab und hat sich im Laufe der Geschichte oft verändert. Einige Religionen und Staaten erlauben die Mehrehe von einer Person mit anderen (Polygamie in verschiedenen Ausführungen), auf Hawaii gab es die Gruppenehe von mehreren Personen miteinander (Punalua-Ehe).

Im europäischen Kulturraum wird die Ehe traditionell als dauerhafte Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau verstanden, in der beide Verantwortung füreinander übernehmen. Seit dem 21. Jahrhundert ist in manchen Ländern die Zivilehe als vom Staat geregelte und vermittelte Ehe auch für Partner gleichen Geschlechts geöffnet (gleichgeschlechtliche Ehe); in anderen Ländern besteht ein eheähnliches Rechtsinstitut mit teils eingeschränkten Rechten unter Titeln wie „eingetragene Partnerschaft“. Quelle: Wikipedia.org

EINGETRAGENE PARTNERSCHAFT

Mit einer eingetragenen Partnerschaft können zwei Personen gleichen Geschlechts ihre Partnerschaft eintragen lassen. […] Unterschiede zur Ehe:

  • Die gemeinschaftliche Adoption ist für Paare in einer eingetragenen Partnerschaft nicht möglich. Die künstliche Befruchtung ist nicht erlaubt.
  • Grundsätzlich gilt die Gütertrennung. Das heisst Vermögen und Schulden bleiben getrennt. Sie können aber mit einem Vertrag etwas anderes vereinbaren.

Quelle: familienleben.ch

 

KONKUBINAT

Zwei Personen unterschiedlichen Geschlechts können keine Partnerschaft eintragen lassen; sie können heiraten oder einen Konkubinatsvertrag abschliessen. Quelle: ch.ch

Als Konkubinat oder faktische Lebensgemeinschaft wird das Zusammenleben zweier verschieden- oder gleichgeschlechtlicher Personen ohne Trauschein in einer eheähnlichen Gemeinschaft bezeichnet. Wer im Konkubinat lebt, geniesst nicht den gleichen sozialen oder juristischen Schutz wie ein verheiratetes Paar oder ein Paar in einer eingetragenen Partnerschaft. Sie können sich aber mit einem Konkubinatsvertrag absichern. Quelle: ch.ch

NATÜRLICH

natürlich = zur Natur gehörend; in der Natur vorkommend, nicht künstlich vom Menschen nachgebildet, hergestellt Quelle: duden.ch

Natur (lateinisch natura von nasci „entstehen, geboren werden“, griech. semantische Entsprechung φύσις, physis, vgl. „Physik“) bezeichnet in der Regel das, was nicht vom Menschen geschaffen wurde. Quelle: wikipedia.org

NATURGESETZ

Als Naturgesetz wird in der Wissenschaftstheorie eine Regelmäßigkeit von Vorgängen in der Natur bezeichnet. Die Pluralform „Naturgesetze“ bezeichnet darüber hinaus die Gesamtheit dieser Regelmäßigkeiten, einschließlich solcher, die noch nicht entdeckt oder formuliert wurden, unabhängig von ihrer spezifischen Formulierung. Von anderen Gesetzen unterscheiden sich Naturgesetze darin, dass sie nicht von Menschen nach deren Belieben in Kraft oder außer Kraft gesetzt werden können. Eine genaue, einheitliche abschließende Definition des Begriffs existiert derzeit nicht. Quelle: wikipedia.ch

HETERONORMATIVITÄT

Heteronormativität bezeichnet eine Weltanschauung, welche die Heterosexualität als soziale Norm postuliert. Zugrunde liegt eine binäre Geschlechterordnung, in welcher das anatomische/biologische Geschlecht mit Geschlechtsidentität, Geschlechtsrolle und sexueller Orientierung gleichgesetzt wird.

Das heteronormative Geschlechtermodell geht von einer dualen Einteilung in Mann und Frau aus, wobei es als selbstverständlich angesehen wird, dass eine heterosexuelle Entwicklung vorgesehen ist und damit der „normalen“ Verhaltensweise entspricht – andere Aspekte der menschlichen Sexualität werden oftmals pathologisiert. Damit können Homophobie und andere Formen der sozialen Menschenfeindlichkeit einhergehen. Quelle: wikipedia.ch

VERFASSUNGSWIDRIGKEIT

Verfassungswidrigkeit ist die Unvereinbarkeit eines staatlichen Hoheitsakts mit der bestehenden Verfassung. Hoheitsakte in diesem Sinne sind Gesetze, Verwaltungsakte und gerichtliche Entscheidungen.» In der Schweiz gibt es auf Bundesebene kein Verfassungsgericht, das die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen feststellen könnte. Quelle: wikipedia.ch

Die Verfassung stellt mit verschiedenen Bestimmungen sicher, dass die Gewaltenteilung nicht durchbrochen wird und die richterliche Gewalt sich nicht über die gesetzgebende Gewalt erhebt. Quelle: parlament.ch

4 HÄUFIGE DENKFEHLER

Jede Abstimmungsdebatte hat ihre eigenen Denkfehler-Lieblinge. Zum Thema «Ehe für Alle» werden uns vor allem folgende begegnen. Sowohl in unseren eigenen Köpfen, als auch in der Abstimmungs-Arena: 

5 FRAGENKATALOG

Hier findest du konkrete Fragen bezogen auf die Abstimmung, die dir bei deiner Meinungsbildung helfen können. Führe ein Selbstgespräch oder noch besser: Diskutiere sie mit deinen Freund*innen oder deiner Familie.  

  1. Was sind die Nachteile der eingetragenen Partnerschaft gegenüber der zivilen Ehe?

  2. Welche Folgen hat gesellschaftliche Diskriminierung für die betroffenen Personen?

  3. Stichwort Kindeswohl: Was für ein Umfeld braucht ein Kind, um sich entfalten zu können?

  4. Kann die Annahme solch einer Initiative Homofeindlichkeit abbauen und die Existenz von Homosexualität normalisieren?

  5. Was passiert in meinem Leben, wenn die Initiative angenommen wird? Was, wenn sie abgelehnt wird?

6 OUT-OF-THE-BUBBLE-PODCAST

Wir lesen Textbeiträge aus verschiedensten Quellen vor, klären Begriffe und versuchen die gelesenen Inhalte und Argumente gemeinsam zu verstehen. Du darfst dich zurücklehnen und uns dabei zuhören: 

7 ABSTIMMUNGS-HISTORIE

Magst du uns mehr über dein persönliches Abstimmungsverhalten und die damit zusammenhängenden Herausforderungen verraten? Dann mach bei unserer Umfrage mit:

Hilf uns dieses Format zu verbessern:

Dieses Format ist neu. Und wir würden es gerne weiterentwickeln. Mit deiner Hilfe. Also sag uns was du gut findest, was weniger gut und was dir in deinem Entscheidungsprozess noch helfen würde. Wir freuen uns auf dein knallhartes Feedback <3

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